Home > Allgemein > Wiedervereinigung ist für mich vor allem eine Geschichte der familiären Wiedervereinigung und der persönlichen Befreiung

Unsere Verwaltungsrätin Kristin Franke beschreibt so ihre ganz persönlichen Erinnerungen an den Tag der deutschen Einheit:

„1980 war meine Großmutter über Polen nach Westdeutschland geflohen, was zur Folge hatte, dass meine Mutter nicht länger studieren durfte. Mein Vater wurde ebenfalls exmatrikuliert, allerdings aus anderen Gründen: In mehreren „Gesprächen“, die eher Verhörsituationen ähnelten, hatte er sich geweigert, in den Dienst der Staatssicherheit einzutreten. In den Folgejahren wurden wir bespitzelt und überwacht, selbst von Nachbarn und engen Freunden. Kritische Themen wurden bei uns im Flüsterton besprochen – ein enger Verwandter hatte bis zum Fall der Mauer drei durch die Stasi initiierte Mordanschläge überlebt. Seine Wohnung war komplett verwanzt, wie sich später herausstellte.

Ich habe noch in Erinnerung, wie meine Eltern am Abend des 9. November 1989 völlig aufgeregt nach Hause kamen, wir lebten zu diesem Zeitpunkt in Berlin Friedrichshain. Die Mauer war offen, und wir packten sofort unsere Koffer, denn die politische Lage war so instabil, dass niemand sagen konnte, ob die Grenze nicht doch wieder geschlossen würde.

Ich erinnere mich an die vielen weinenden Menschen, diese Massen auf den Straßen, wie uns die Sektflaschen auf das Dach unseres Trabis trommelten, als wir die Grenzen Marienborn und danach Helmstedt passierten. Und ich erinnere mich, wie wir „im Westen“ ankamen, an die Freude, sich endlich wiederzuhaben.

Später habe ich erfahren, dass unsere Nachbarn ihre drei Kinder einfach allein zurückgelassen haben. Das macht mich noch heute fassungslos, auch wenn ich weiß, dass dies kein Einzelfall gewesen ist. An diesem Beispiel mache ich mir immer wieder bewusst, dass persönliche Freiheit, auch wenn sie gerade erst errungen ist, immer mit persönlicher Verantwortung einhergeht. 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sehe ich unsere Freiheit erneut in Gefahr. Es macht mich so wütend, wenn auf Wahlplakaten wieder offen für einen Sozialismus geworben wird. Das Wiedererstarken der politischen, mitunter extremistischen Ränder ist für mich der Grund, warum ich mich in der FDP engagiere. Ich sehe mich in der Verantwortung.“